Das Eine oder keines

Wenn ich mein Leben gerade in einem Wort beschreiben müsste, dann wäre das wahrscheinlich: "VIEL". Meine Tage sind lang und voller Begegnungen, voller Kommunikation, voller Ideen und Pläne, voll mit neuem Input. Das hat etwas sehr Aufregendes, dann und wann auch etwas Aufgeregtes. Manchmal tobt ein regelrechter Wirbelwind in mir. Und manchmal macht sich einfach nur Erschöpfung breit...

In solchen Zeiten fällt es mir schwer, die passende Lektüre zu finden. Wenn ich abends nach Hause komme, wenn alles erledigt ist und ich vor dem Einschlafen noch ein paar Seiten lese, dann müssen mich diese Seiten mehr noch als sonst packen - sonst lege ich das Buch schnell wieder weg (oder fange erst gar nicht mit dem Lesen an).


Und obwohl sich die Bücher auf meinem Nachttisch gerade stapeln, fehlt mir dieses eine Buch, das zu meiner momentanen Stimmung passt und es vermag, mich jeden Abend aufs Neue mitzureißen. So wie Nathalie küsst neulich oder Gut gegen Nordwind. Da entstand auf den ersten Seiten ein regelrechter Sog und sofort war ich drin in diesen wunderbaren Geschichten. Bei anderen Büchern dauert das Eintauchen länger. Und bei wieder anderen ist es von vornherein zum Scheitern verurteilt, weil die eigene Stimmung so ganz anders ist als das, was man da gerade liest.

Copyright: Ullstein
Beispiel: Meine erste Begegnung mit Jo Nesbo gestern abend. Ich bin ein großer Skandinavien-, und inzwischen auch ein großer Krimi-Fan. Entsprechend habe ich mich gefreut, als mir eine Kollegin "Schneemann" zum Welttag des Buches geschenkt hat. Der Krimi startet mit folgenden Sätzen:

"Es war der Tag des ersten Schnees. Um elf Uhr vormittags fielen plötzlich und ohne jede Vorwarnung dicke Schneeflocken aus einem farblosen Himmel und legten sich auf die Felder, Gärten und Wiesen von Romerike wie eine Armada aus dem Weltraum. Um zwei Uhr nachmittags waren bereits zwei Räumfahrzeuge im Einsatz, und als Sara Kvinesland eine halbe Stunde später ihren Toyota Corolla SR5 langsam und vorsichtig zwischen den vornehmen Häusern des Kolloveien hindurchsteuerte, lag der Novemberschnee bereits wie eine weiße Daunendecke über der hügeligen Landschaft." (zitiert aus der Edition Lesefreunde zum Welttag des Buches 2012)

Das geht leider gerade gar nicht - wo die Bäume vor unserem Esszimmerfenster doch gerade zu blühen beginnen und meine Pflänzchen auf der Fensterbank unter der wärmenden Frühlingssonne zaghaft in Richtung Himmel wachsen. Im Winter werde ich meine wahre Freude an diesem Buch haben. Aber nicht jetzt. Auch bei "Lebenslauf" von Alice Schwarzer und "Die Frau, die ihren Mann auf dem Flohmarkt verkaufte" von Rafik Schami bin ich irgendwie auf den ersten Seiten hängen geblieben...

Und so habe ich beschlossen, diesen Bücherstapel jetzt einfach mal Bücherstapel sein zu lassen und abzuwarten: Früher oder später kommt das passende Buch zur aktuellen Wortklauberinnen-Stimmungslage bestimmt. Ihr werdet es auf jeden Fall mitbekommen :-)

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