Zurück von der Buchmesse

Die Frankfurter Buchmesse ist eine einzige Überforderung. Über 7.000 Aussteller, über 3.200 Veranstaltungen und nicht zu vergessen die vielen ehemaligen Studienkolleginnen, die inzwischen für Verlage in Reinbek, Berlin und Cadolzburg arbeiten und sich auf der Messe tummeln. Wer soll all das in 3 Tagen schaffen?

Da hilft eigentlich nur Kapitulation oder alternativ (wie bei mir in diesem Jahr) die Betreuung eines Messestandes, ergo: die Beschränkung des Aktionsradius' auf wenige Quadratmeter. In diesen kleinen, wohl geordneten Mikrokosmen gibt es so angenehme Dinge wie symmetrische Katalogstapel, Kaffeemaschinen in provisorischen Hinterzimmern und die tägliche Lieferung der Messezeitung frei Haus. Darin: Haufenweise Messegossip ("Kollege Mangold von der Zeit, hören wir, hat acht Kilo abgenommen. Glückwunsch!"), brandheiße Tipps ("Sie gehören doch auch zu denen mit den vollen Tüten, stimmst? Wir zeigen Ihnen, wo es richtig was zu holen gibt") und Einblicke in den Kopf so manches hektisch am Stand vorbeiziehenden Besuchers. ("renne über die Buchmesse mit meinem Exposé für einen Mystik katzenthriller (mit Erotik!) und finde den scheiß suhrkampstand nicht" @katjaberlin). 

Doch nicht nur in dieser gedruckten Form kam die Messe zu mir, sondern auch ganz physisch. In Gestalt eines Verlegers zum Beispiel, der einziger Mitarbeiter und einziger Autor seines Verlages ist. Thematischer Fokus der durchaus erfolgreichen Unternehmung: Historische Wasserwirtschaft und historischer Bergbau. Vertrieb: über ausgewählte Multiplikatoren und direkt. Man kennt seine Leser persönlich, das finde ich bemerkenswert.

Es folgten Gespräche mit Verlagsberatern, freien Lektoren und Selfpublishern, ein kurzer Blick auf Peer Steinbrück in Farbe, das zufällige Aufschnappen eines Gesprächs dreier  Österreicher in der S-Bahn: Man müsse nächstes Jahr unbedingt auch Material für Lehrer mitbringen, sagte der mit Dreitagebart und ernstzunehmendem Bauchansatz. Die seinen doch eigentlich die Hauptzielgruppe, aber daran habe zuhause blöderweise keiner gedacht. Ich musste schmunzeln und mir ein kleines Büro in einem Wiener Hinterhof vorstellen, in dem alles etwas chaotischer zugeht als anderswo und kein Verlagsmitarbeiter vor 12 Uhr Mittags aufschlägt.

Doch selbst auf der Frankfurter Buchmesse gilt: Man sieht sich immer zwei Mal. Am nächsten Tag begegnete ich den drei Herren wieder am Cern-Stand, wo sie dem gebannten Publikum mit viel Multimedia die Grundlagen der Teilchenphysik näherbrachten. So kann man sich täuschen. 

Diese Messe ist bunt, laut, anstrengend auch. Selbst wer sich hier nicht allzu viel vornimmt, wird von Eindrücken überrollt, da führt gar kein Weg dran vorbei. Ich jedenfalls habe gelernt: Unterschätze nie einen Buchmessen-Besucher! Wenn sich über 28.000 Verleger, Lektoren, Verbandsmenschen, Autoren, Wissenschaftler, Politiker, Dienstleister und Leser aus aller Herren Länder einmal im Jahr an einem Ort treffen, kann man wirklich nie wissen, wen man gerade vor sich hat.

Kommentare

  1. Ist irgendwie stressig schon so beim Lesen, aber auch sehr unterhaltsam. Sitze mit einem Grinsen vor dem PC :)
    Alles Liebe, maria

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