American Indies: Beasts of the Southern Wild und Take Shelter

In letzter Zeit habe ich einige amerikanische Filme gesehen, die mich wirklich, wirklich beeindruckt haben. Sie sind frei von den Konventionen Hollywoods und wurden zum Teil mit kleinen Budgets gedreht. Dabei sind sie keineswegs billig, im Gegenteil: Die Bilder sind in ihrer hohen Auflösung fast hyperrealistisch - Wolkenhimmel sind hier so dunkel und bedrohlich, als würde man selbst auf freiem Feld stehen und den aufziehenden Sturm spüren - und die Schauspieler einfach überwältigend. Ich kann kaum glauben, dass es zum Beispiel in Beasts of the Southern Wild Laienschauspieler sein sollen, die die Geschichte der sechsjährigen Hushpuppy (Quenvenzhané Wallis) aus Louisiana in Szene setzen.

Andrea Hünninger beschreibt den Schauplatz von Beasts of the Southern Wild auf Zeit Online wie ich finde sehr treffend: "In der Sumpfsiedlung am Mississippi gibt es kein Geld, keine Technik, keinen Kontakt zum Rest der Welt. Ein riesiger Staudamm trennt nicht nur symbolisch die Welt der Zivilisation vom matschigen Küstenland und seinen wie vergessen wirkenden Bewohnern (…). Es ist der Zustand nach der Zivilisation. Es sind Menschen, die sich schon ganz abgewendet haben von dem, was man Lebenslauf, Perspektive, Hoffnung nennt." 

Das ist ein Amerika, das ich so bisher nur aus einem anderen Südstaatenfilm - Winter's Bone - kenne und in seiner Verwahrlosung kaum für möglich gehalten hätte. Doch so furchtbar diese gezeigte Welt ist, sie ist in ihrer von mytisch-apokalyptischen Symbolen durchwebten Bildsprache auch wunderschön. Erzählt wird aus der kindlichen Perspektive Hushpuppys, die man eigentlich nur bewundern kann. Denn der Stolz dieser kleinen Person ist so viel größer als ihr Elend und das Gespür für die Zusammenhänge der Natur wohl tiefer als das eines jeden großstädtisch-kultivierten Kinobesuchers. 


Auch bei Take Shelter, einem anderen Film, der letztes Jahr in den Kinos war, erzeugen großartig-düstere Naturaufnahmen eine sonderbare Endzeitstimmung. Das Figurenensemble des Films bewegt sich zwar innerhalb der amerikanischen Gesellschaft - Curtis (Michael Shannon) lebt auf den ersten Blick ein ganz normales Leben in einer amerikanischen Vorstadtsiedlung - doch etwas stimmt nicht mit dieser scheinbaren Normalität. Der Ehemann und Familienvater nimmt - ob aufgrund einer Schizophrenie oder nicht, lässt der Film offen - die Vorzeichen eines heraufziehenden Sturms von apokalyptischer Kraft wahr und bereitet sich auf die Katastrophe vor. Für seine Familie wird das zur Zerreißprobe. 


Was mich hier mit am meisten beeindruckt hat, ist der Umgang der Ehefrau (Jessica Chastain) mit den düsteren Visionen ihres Mannes. Es ist ein Ringen um Verstehen, ohne vorschnelle Urteile über richtig oder falsch, krank oder gesund: Welche Sicht entspricht der Wirklichkeit? Eindeutige Antworten gibt der Film auf diese Frage nicht, nur die eine: Was dich am Ende trägt, ist die Liebe. Vor diesem Hintergrund ist Take Shelter für mich einer der schönsten Liebesfilme des letzten Jahres und - wie auch Beasts of the Southern Wild - unbedingt empfehlenswert!

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